Visual Literacy ist die Fähigkeit, Bilder und Symbole in ihrem jeweiligen kulturellen Kontext verstehen und interpretieren zu können. Visual Literacy verfolgt in erster Linie Ziele im Bereich der Medienbildung, setzt aber eine fundierte Analyse der betreffenden Bildkomplexe wie Film- und Fototechnik, Bildgestaltung, Ästhetik und gesellschaftlicher Produktions-, Vermittlungs- und Rezeptionsformen voraus.
Gestaltungstheorie 
Die Gestaltungstheorie ist eigentlich eine ganz einfache Geschichte: Der Betrachtende will auf den ersten Blick erkennen, worum es geht. Dabei gilt folgendes:
  1. 1
    Meistens wird eine kleine Fläche als Objekt und die größere Fläche als (Hinter-)Grund gesehen.
  2. 2
    Symmetrische und geschlossene Formen werden bevorzugt als Objekte wahrgenommen.
  3. 3
    Die Zusammenfassung zu einem Objekt passiert bei dicht beieinander liegenden, sich ähnelnden Elementen.
  4. 4
    Objekt und Grund können nicht gleichzeitig wahrgenommen werden.
Informationstheorie

Oft stellt sich die Frage, warum ein Foto einigen Menschen gefällt und anderen nicht. Dabei gilt zu berücksichtigen:

  1. 1
    Ist etwas banal bzw. bekannt, wird es als uninteressant oder langweilig empfunden
  2. 2
    Ist etwas komplett unbekannt (ein Original), kann es auf Unverständnis stoßen und ebenfalls als uninteressant abgestempelt werden.

Was die einen als interessant empfinden, überfordert oder langweilt andere. Das Qualitätsempfinden ist damit abhängig vom Wissenstand und Kulturkreis der Betrachtenden.

1. Bildformat

Die Auswahl an Bildformaten ist heute dank der digitalen Fotografie gross. Ob nun im Verhältnis 3:2 (klassisch), 4:3, 1:1 oder 16:9 fotografiert, gefilmt oder gestaltet wird, ist eine Entscheidung, welche im Idealfall vorab getroffen wird. Die Auswahl des Bildformats kann auch als gestalterisches Mittel eingesetzt werden.
Der Ausschnitt kann auch erst bei der Bearbeitung gewählt werden, sofern die Bildqualität dies zulässt. Kamerasensoren bieten i. d. R. ein Seitenverhältnis von 24 x 36 mm an, was dem Verhältnis 3 : 2 entspricht.

2. Hoch- oder Querformat

Ursprünglich wurde das Hochformat für Portraits und das Querformat für Landschaften gewählt. Dies gilt jedoch als überholt. Wichtiger ist, die subjektive Wirkung von Quer- und Hochformat zu kennen und dementsprechend einzusetzen.  
  • Bilder im Querformat strahlen Ruhe aus und betonen die Weite, im Englischen „landscape“.
  • Hochformatige Bilder haben mehr Dynamik und Spannung, im Englischen „portrait“.
  • Social-Media-Bilder sind meist im Hochformat oder quadratisch.

Die Wahl des Bildformats ist für die Wirkung von Bildern entscheidend. Bereits die Festlegung, welches Format das Foto haben soll, trägt massgeblich zum Gesamteindruck bei. 

Wie wir den gebotenen Platz nutzen, liegt in unserem kreativen Ermessen - ob als Hochformat, Querformat oder beschnitten als Quadrat. Sind wir nicht an eine bestimmt Präsentationsart wie Fernseher oder Beamer gebunden, können wir das für die Bildaussage passende Format wählen.

Hochformat

Neutral

Querformat

3. Komposition

Das Bild kann basierend auf verschieden Prinzipien aufgebaut werden. Um etwas Spannung in der Komposition zu erzeugen, ist es am einfachsten den Goldenen Schnitt (oder Drittel-Regel) anzuwenden. Es können auch symmetrisch komponierte Bilder sehr ästhetisch und spannend sein. Achsen- und Punktsymmetrie führen zu Harmonie und Gleichgewicht.
Wichtig ist dabei, dass die gewählte Komposition die gewünschte Bild-Aussage unterstützt.

4. Raum

Jede Komposition vermittelt auch eine räumliche Konstruktion. Die Faktoren, welche die Wahrnehmung hauptsächlich beeinflussen,  sind die nachfolgend beschriebenen Variablen:  

5. Perspektive

Ein Perspektivenwechsel kann neue Sichtweisen erschliessen und spannende Bilder entstehen lassen. Die Bildaussage wird durch die Wahl der Perspektive beeinflusst und sollte entsprechend berücksichtigt werden.
Meistens fotografieren wir auf Augenhöhe. Dies vermittelt das Gefühl von gegenseitigem Respekt. Die fotografierte Person ist "auf Augenhöhe" mit den Betrachtenden. 
Vogelperspektive: Die filmende Person (oder Drohne) nimmt das Bild von oben nach unten auf. Somit ist die Wirkung auch "von oben herab".
Froschperspektive: Die aufnehmende Person nimmt das Bild von unten nach oben auf. Dies hat eine überhöhende Wirkung.

6. Horizont

Mitte
Den Horizont mittig zu platzieren, kann monoton wirken, weil zwei gleich grosse Flächen (Himmel und Land/Wasser) entstehen. Ausser es handelt sich um eine symmetrische Spiegelung – zum Beispiel: Berg, der sich im See spiegelt.
Hoch
Je nach Bildsujet kann diese Komposition als "schwer" empfunden werden.
Tief
Hier dominiert der Himmel die Komposition. Dies kann den Eindruck einer grossen Weite erwecken.

7. Strukturen Linien und Diagonalen

Ein weiteres Gestaltungsmittel sind Muster oder Strukturen. Diese sind überall anzutreffen - ob im urbanen Umfeld oder in der Natur. Gestalterische Elemente können horizontale und vertikale Linien oder Diagonalen sein. Diese teilen ein Bild in mehrere geometrische Flächen auf. Dies kann Spannung in die Bildkomposition bringen. In unserem Kulturkreis werden Diagonalen, die von links unten nach rechts oben verlaufen, als positiv wahrgenommen, jene von links oben nach rechts unten eher als negativ. Die Richtung von links nach rechts wird meist als in die Zukunft zeigende, jene von rechts nach links als in die Vergangenheit zeigende interpretiert.

8. Licht und Schatten

Licht und Schatten sind formgebende Gestaltungsmittel in Fotografie und Film, doch technisch anspruchsvoll in der Umsetzung.
Mögliche Settings sind:
  • Gegenlicht und Silhouetten
  • Starke Kontraste, die das Bild aufteilen
  • Flaches Morgen- oder Abendlicht mit eigenem emotionalen Farbspektrum

9. Vordergrund und Hintergrund

Ein Bild wird meistens in Vorder-, Mittel- und Hintergrund aufgeteilt. Um mit diesen Elementen gestalten zu können, muss vorab klar sein, wo sich das Hauptmotiv befindet. Weiter können Vorder-, Mittel- oder Hintergrund unscharf sein. Auch die Option, dass nur der Mittelgrund scharf ist, erzeugt eine einzigartige Atmosphäre. 

10. Schärfe und Unschärfe

Mit dem Spiel von Schärfe und Unschärfe kann nicht nur räumliche Tiefe dargestellt werden, vielmehr kann damit eine Bewegung oder die Hervorhebung/Betonung eines Bildelementes erzeugt werden. Auch mit dem sogenannten Bokeh-Effekt können Stimmungen ausgedrückt, Muster kreiert oder abstrakte Bilder aufgenommen werden.

11. Farbe oder Monochrom

Farben spielen eine grosse Rolle in der Bildgestaltung. Sie können harmonisch sein, Signalwirkung haben oder Bedeutungen transportieren, welche kulturell unterschiedlich sind. Auch ein Verzicht auf Farben ist ein Stilmittel. Monochrome Fotografien müssen auf andere Gestaltungsmittel zurückgreifen und sich eher mit Linien, Formen, Strukturen oder Muster gestalten.

Schwarz Weiss

reduzierte Farbpalette

normale Farbsättigung

Bildanalyse-Raster

Um ein Bild (Foto, Illustration oder Malerei) zu ergründen, sind Aspekte wie Fläche, Raum Licht, Farbe, Komposition, Inhalt und Rezeption zu berücksichtigen. Um den Bildaufbau vertieft zu untersuchen, ist das folgende Raster hilfreich um strukturiert vorzugehen. 

Fläche

Format
Punkt
Linien
geometrische Formen
Flecken
Figur
Kontur
Grund
Negativform

Raum

Vordergrund
Mitte
Hintergrund
vorne verdeckt hinten
Blickwinkel
Perspektive
Dreidimensionalität
Fokus
Tiefenschärfe

Licht und Farbe

Lichtquelle
Lichtrichtung
Schattenwurf
Licht modelliert Körper
Oberflächenzeichnung
Tonwert
Kontrast
Lichttemperatur
Farbsättigung

Komposition

Elemente
Anordnung
Ausrichtung
Verdichtung
Leerraum
Schwerpunkt
Balance
Verhältnis
Dynamik
Spannung

Inhalt

Hauptmotiv
Detail
Umgebung
Zeichen
Symbol
Geste
Moment
Kontext
Atmosphäre

Rezeption

Blickfang
Lenkung des Blicks
Empfindung
Resonanz
Emotion
Assoziation
Erinnerung
Inspiration
Irritation

Illustration

Technik
Materialität
Strichqualität
Schraffur
Farbauftrag
Farbübergang
Dynamik
Abstraktionsgrad

Weiterführende Informationen


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