18. August 2020

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Rückblick SummerCamp “Hybride Lehre”

Rückblick SummerCamp “Hybride Lehre”

Am 11. August 2020 fand das von Hochschuldidaktik und DigiLeB angebotene SummerCamp “Hybride Lehre” statt. Rund 40 Dozierende aus allen Instituten tauschten sich offline und online aus über ihre Erfahrungen mit einem Semester Fernunterricht und über ihre Pläne für das kommende Herbstsemester.

Die abrupte Umstellung auf den Fernunterricht im Frühjahrssemester war “ein Sprung ins kalte Wasser”, wie es eine Teilnehmerin beschrieb. Dennoch waren viele Erfahrungen, die am SummerCamp geteilt wurden, durchaus positiv.

Methoden und Tools im Stresstest

So beschrieben etwa viele Teilnehmende, wie die Zusammenarbeit im Dozierenden-Team enger geworden sei. Oder dass die Expertenrolle zwischen Studierenden und Dozierenden aufgeweicht wurde, wenn Studierende neue Werkzeuge vorschlugen oder sich untereinander selbst vernetzten. Und letztlich habe die Notlage auch die unverhoffte Gelegenheit geliefert, Methoden und Tools einem Stresstest zu unterziehen: Viele Studierende schätzten etwa Screen- bzw. Podcasts und besprochene Powerpoint-Präsentationen (Anleitung), mit denen sie sich im eigenen Tempo Inhalte aneignen konnten. Und der ‘Flipped Classroom’ (Erklärung im Video), bei dem die Erarbeitung der Lerninhalte vorgelagert wird, um die gemeinsame ‘Präsenzzeit’ für den Austausch zu nutzen, erwies sich im Online-Setting als äusserst wertvoll.

Die Frage nach den Ressourcen

Doch trotz guter Erfahrungen startet man mit vielen offenen Fragen ins Herbstsemester. Allgegenwärtig im SummerCamp war etwa die Frage der Ressourcen: “Es gab viele positive Effekte im Fernunterrichts-Semester, aber auch einen grossen negativen: Den Aufwand”, beschrieb eine Teilnehmerin die Situation. 

Zeitfresser gab es viele: Die Zunahme des Mailverkehrs, den Mangel an guten verfügbaren Online-Materialien oder die Pingeligkeit beim Erstellen eigener Podcasts. Und nicht immer reicht der SummerCamp-Ratschlag, auch einmal ‘quick&dirty’ arbeiten zu dürfen. Denn als grosse Baustelle wurde von vielen Dozierenden die komplexe Frage des Feedbacks und der Lehrstandevaluation identifiziert.

Feedback und Lernstandevaluation als Knackpunkte

Geeignete Formen für den Leistungsnachweis standen dabei weniger im Zentrum als grundsätzliche Fragen: Wie schafft man es, im Fernunterricht allen Studierenden konstruktives Feedback zu geben, ohne dass der Aufwand unverhältnismässig wird? Und wie erfährt man, wo die Studierenden stehen, wenn der direkte, persönliche Austausch fehlt? Man habe manchmal das Gefühl, sich in einer “Blackbox” zu bewegen, so ein Votum.

Einige Teilnehmende skizzierten Lösungsvorschläge: Etwa, indem auf Lernportfolios gesetzt wird, auf Gruppenrückmeldungen oder auf Lerntandems. Oder durch Aufträge, bei denen die Studierenden Peer-Feedback geben -- wenn die Form der Rückmeldung offen bleibe, könne nebenbei auch noch die Schriftlastigkeit des Online-Settings durchbrochen werden.

Gute Erfahrungen wurden gemacht mit Online-Kollaborationstools, mit denen Studierende untereinander interagieren und kommunizieren können. Von GoogleDoc über Etherpad bis zu Padlet oder Jamboard reicht die Palette der bekannten, aber vielseitig einsetzbaren Werkzeuge. Ebenso wurden mit kollaborativen Diensten Orientierungshilfen zur eigenen Kompetenzabbildung zur Verfügung gestellt. 

Heterogenität der Studierenden

Manchmal sei der Weg zu weniger persönlichem Aufwand aber auch die persönliche Entwicklung, wie eine Wortmeldung ausdrückte: “Ich bin mutiger geworden. Mein Vertrauen in die Arbeit der Studis ist gewachsen und ich habe gelernt, loszulassen.” Zugleich herrschte am SummerCamp Konsens darüber, dass die Heterogenität der Studierenden über die Institute hinweg, aber auch innerhalb von Lerngruppen nicht zu unterschätzen sei. Während einige Studierende im selbstorganisierten Lernen aufblühten, waren andere damit überfordert.

Andere Ansätze versuchten sich deswegen erfolgreich an digitalen Online-Settings mit engerer Führung: Sie kombinierten etwa mittels ILIAS-Lernmodulen oder -Lernsequenzen synchrone und asynchrone Phasen. So konnten etwa länger angelegte Arbeitsaufträge mit Zoom-Fragerunden und -Kleingruppenbesprechungen verbunden werden. In diesen Fällen sei zwar der Aufwand gegeben, aber dafür sei der individuelle Lernweg nicht per se schlechter beobachtbar als im Präsenzsetting.

Anfang eines Dialogs

Der Wert solcher “Mischformen” wurde von vielen Dozierenden erkannt während des Frühjahrssemesters. Sie werden sicher auch entscheidend sein für die hybride Lehre, die im Herbstsemester im Zentrum steht. “Man muss konsequent analysieren, welche Bestandteile es in der eigenen Lehre gibt und was davon man am besten offline und was online leben will”, drückte ein Teilnehmer aus.

Fertige Antworten auf diese Fragen oder ultimative Tool-Tipps konnte das SummerCamp nicht liefern. Aber es bot einen Auftakt für einen institutsübergreifenden, praxisnahen Dialog zur hybriden Lehre. Die DigiLeB hofft, dass dieser Dialog weitergeführt werden kann -- unter anderem auf dem Forum Hochschullehre -- damit letztlich alle Teilnehmenden miteinander zu Antworten gelangen, die für sie praktikabel und stimmig sind.


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  • „Expertenrolle zwischen Studierenden und Dozierenden aufgeweicht wurde, wenn Studierende neue Werkzeuge vorschlugen oder sich untereinander selbst vernetzten“
    Schade, wurde nur auf Tool-Ebene dieser Erfolg erreicht – oder findet hier zumindest nur vor dem Hintergrund der digitalen Werkzeuge seine Erwähnung. Wäre es nicht wünschenswert, wenn sich das generelle Bewusstsein endlich gewandelt hätte? Studierende als Experten ihres Lernens, ihrer Ziele und ihrer Idealvorstellungen guten Unterrichts verstanden würden und Dozierende als Angebot-machende und Unterstützende? Wenn Dozierende aufhören könnten alles kontrollieren zu wollen, sondern auf das Feedback der anderen Experten, der Peers vertrauen würden… (das würde der Aufwand nämlich deutlich reduzieren und damit Ressourcen sparen)

    „Während einige Studierende im selbstorganisierten Lernen aufblühten, waren andere damit überfordert.“
    Die Konsequenz darf aber nun nicht sein, denjenigen weiter alles vorzukauen, sondern sie so zu unterstützen, dass sie selbstorganisiertes Lernen lernen. Das Leben ist nun mal selbstorganisiert und zukünftige Klassenlehrpersonen im 21. Jahrhundert kommen an dieser Kompetenz nicht vorbei (sie müssen sogar Kinder und Jugendliche dabei unterstützen diese zu entwickeln).

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