18. September 2023

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Lehren und Lernen in einem Digitalen Didaktischen Design

Lehren und Lernen in einem Digitalen Didaktischen Design

Wie weiter? Zurück zum «Courant normal» oder vorwärts in eine «Neue Normalität»? Diese Frage stellten sich nach der COVID-19-Pandemie viele Hochschulen und Schulen. Für die Weiterbildung an der PHBern war die Antwort klar: Während der Pandemie haben die Dozierenden vielfältige Erfahrungen mit dem erweiterten Einsatz digitaler Medien gesammelt. Diese sollten nun mit etwas Abstand reflektiert und für eine zukunftsgerichtete Weiterbildung nutzbar gemacht werden.

Während der Pandemie mussten sich Dozierende und Teilnehmende von Weiterbildungskursen in kürzester Zeit mit verschiedenen digitalen Medien vertraut machen. Fragen zu Tools und deren Einsatzmöglichkeiten standen im Vordergrund. Die Lernkurve für technisches Wissen war hoch. Möglichkeiten, dieses Wissen in einem didaktischen Kontext zu reflektieren und neue didaktische Szenarien zu entwickeln, waren jedoch kaum gegeben.

Als das Projektteam «erweiterte Hochschulweiterbildungsdidaktik» anfangs 2022 seine Arbeit aufnahm, setzte es sich zwei Hauptziele:

  • Erweiterung der didaktischen Kompetenzen der Dozierenden für den Einsatz digitaler Medien in der Lehre.
  • Entwicklung eines spezifischen Modells als Orientierungshilfe in einem Digitalen Didaktischen Design.


Theoretische Perspektive

Der Einsatz digitaler Medien in der Weiterbildung bringt per se keinen Mehrwert, wenn er sich nicht an den Lehr- und Lernzielen orientiert, die Zusammensetzung und Bedürfnisse der Teilnehmenden einbezieht, die raum-zeitlichen Rahmenbedingungen sowie die vorhandenen technischen Ressourcen und Medienkompetenzen berücksichtigt. Dies allein sind notwendige, aber noch keine hinreichenden Bedingungen für den erfolgreichen Einsatz digitaler Medien. Was braucht es darüber hinaus?

Das vom Projektteam entwickelte Modell geht im Anschluss an die systemtheoretische Medientheorie davon aus, dass die Einführung eines neuen Leitmediums immer auch Konsequenzen für soziale Systeme hat. Soziale Systeme umfassen die Gesellschaft als Ganzes, Organisationen wie Hochschulen und Schulen sowie Interaktionen wie Lehre und Unterricht. Die Einführung eines neuen Leitmediums führt in all diesen Systemen zu strukturellen und kulturellen Veränderungen. So wie der Leitmedienwechsel von der Schrift zum Buchdruck vor mehr als 500 Jahren soziale Systeme verändert hat, so beobachten wir auch im aktuellen Wechsel vom Buchdruck zu digitalen Medien einschneidende Veränderungen in Gesellschaft, Organisationen und Interaktionen.

Eine zukunftsorientierte Weiterbildung antizipiert diese Veränderungen auf gesellschaftlicher, organisatorischer und interaktioneller Ebene. Für die Lehre im Speziellen bedeutet dies, dass beim Einsatz digitaler Medien immer auch die damit einhergehenden strukturellen Veränderungen sowie Konsequenzen für die Lehr- und Lernkultur berücksichtigt werden müssen. Nur so können die Dozierenden die Gelingensbedingungen beim Einsatz digitaler Medien erhöhen.


Das erweiterte SAMR-Modell

Vor diesem Hintergrund identifizierte das Projektteam drei Kriterien, die das zu entwickelnde Modell erfüllen sollte, um die Dozierenden bei der Entwicklung neuer oder der Überarbeitung bestehender Weiterbildungsangebote zu unterstützen. 

  1. Es soll die Dozierenden inspirieren, im Rahmen eines Digitalen Didaktischen Designs neue didaktische Szenarien zu entdecken, zu planen und umzusetzen.
  2. Es soll den dafür notwendigen Medieneinsatz aufzeigen und damit helfen, spezifische Medienkompetenzen zu erweitern.
  3. Es soll die Sensibilität für strukturelle Veränderungen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Lehr- und Lernkultur schärfen.

Das von Ruben R. Puentedura entwickelte SAMR-Modell diente als Ausgangspunkt. Es wird in wissenschaftlichen Publikationen häufig zitiert, aber auch kontrovers diskutiert. Aufgrund seiner Beliebtheit als allgemeindidaktisches Arbeitsmodell lag es nahe, das Modell neben dem Medienaspekt um einen Struktur- und Kulturaspekt zu erweitern. Dies mit dem Nebeneffekt, einige Kritikpunkte am technologiezentrierten Ursprungsmodell zu entschärfen.

Erweitertes SAMR-Modell

Auf der Webseite D3-Canvas findet sich das erweiterte SAMR-Modell mit interaktiven Elementen (orange hinterlegte Begriffe) und weiterführenden Informationen. An dieser Stelle soll nur kurz auf die zwei Spalten «Didaktische Szenarien» und «Didaktisches Selbstverständnis» eingegangen werden.

Die Spalte «Didaktische Szenarien» bildet strukturelle Veränderungen ab, die mit dem Einsatz digitaler Medien einhergehen und neue Lernszenarien ermöglichen. So erlaubt die Entwicklungsstufe «Ersetzung» den Übergang von einem synchronen zu einem asynchronen Lernszenario im virtuellen Lernraum. Strukturen haben immer mit Erwartungen zu tun, die Dozierende an die Weiterbildungsteilnehmenden und umgekehrt die Teilnehmenden an die Dozierenden oder die Teilnehmenden untereinander haben. In einem Digitalen Didaktischen Design können sich Erwartungen in sachlicher, zeitlicher und sozialer Hinsicht verändern. Bei der Planung und Umsetzung der Angebote ist dies zu berücksichtigen.

Die Spalte «Didaktisches Selbstverständnis» bildet Konsequenzen für die Lehr- und Lernkultur ab, die mit den strukturellen Veränderungen einhergehen können. So führt ein asynchrones Lernszenario im virtuellen Lernraum zu einer raum-zeitlichen Deregulierung des Lehr- und Lernprozesses. Die Konsequenzen betreffen insbesondere den formellen und informellen Austausch zwischen Dozierenden und Teilnehmenden, aber auch der Teilnehmenden untereinander.


Proof of Concept – Inspirationspgrogramm #NextSkills

Im Anschluss an die Arbeiten am erweiterten SAMR-Modell hat das Projektteam anfangs 2023 das zehnmonatige Inspirationsprogramm #NextSkills lanciert. Im Rahmen dieses handlungsorientierten Programms entwickeln 23 Dozierende bestehende Angebote weiter oder konzipieren neue Kurse und CAS-Lehrgänge. Im Zentrum der Entwicklungsarbeiten steht die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten, die sich eröffnen, wenn sich durch den Einsatz digitaler Medien vor Beginn bis hin zum Abschluss eines Angebots und darüber hinaus neue kommunikative Lehr- und Lernräume auftun.

Das Inspirationsprogramm umfasst individuelle Beratungsgespräche und Workshops, die die Digital Learning Base (DigiLeB) der PHBern mit den Dozierenden durchführen. Neben der Weiterentwicklung der eigenen Medienkompetenzen steht insbesondere der Austausch über Aspekte des Struktur- und Kulturwandels im Fokus.

Ein zentraler Aspekt des Inspirationsprogramms besteht nicht zuletzt darin, dass die Dozierenden vor dem Hintergrund des Gelernten ihre Angebote anpassen, Erfahrungen sammeln, sich austauschen und so gemeinsam einen Schritt in Richtung einer zukunftsgerichteten Weiterbildung gehen.

Autor*innen: Christian Schenkel (Digital Learning Base) und Regina Kuratle (Institut für Weiterbildung und Dienstleistungen).


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