13. Februar 2023

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Feedback an Studierende mit Sprachnachrichten

Feedback an Studierende mit Sprachnachrichten

Das Grundprinzip des Feedbacks in der Lehre sei für sie elementar, hält Kathrin Jost im Gespräch mit der Digital Learning Base (DigiLeB) fest. Die Dozentin für Räume, Zeiten, Gesellschaft (RZG) am Institut Sekundarstufe I an der PHBern hat schon viele Formen des Feedbacks ausprobiert. Während der COVID-19-Pandemie hat sie ihren Studierenden erstmals Rückmeldungen via Sprachnachrichten gegeben. Heute will Kathrin Jost auf diese Form des Feedbacks nicht mehr verzichten. Ein Gespräch über Feedbackkultur im Allgemeinen und Feedback mit Sprachnachrichten im Besonderen.

DigiLeB: Feedback an die Studierenden ist dir sehr wichtig. Wie wirst du diesem Anspruch in der Praxis gerecht?

Kathrin: Um eine Antwort auf diese Frage geben zu können, muss ich zuerst auf die jüngeren Entwicklungen in unserem Fachbereich hinweisen. Zum einen sind in den letzten Jahren die Studierendenzahlen stark gestiegen. Als wir im Jahr 2013 die Einführungsveranstaltung Räume, Zeiten, Gesellschaft (RZG) erstmals anboten, hatten wir rund 45 Studierende, inzwischen sind es an die 120. Zum anderen hat sich auch das Format der «Vorlesung» verändert. Heute bestehen auch Grossgruppenveranstaltungen aus viel mehr Aktivierungen und Übungen.

DigiLeB: Wie haben sich diese Entwicklungen auf das Feedback ausgewirkt?

Kathrin: Wenn ich Übungen in eine Veranstaltung einbaue, dann ist es mir wichtig, den Studierenden eine Rückmeldung zu geben. Mit den steigenden Studierendenzahlen muss ich das möglichst effizient tun können.

DigiLeB: Was für Formen des Feedbacks haben sich unter diesen Umständen bewährt?

Kathrin: Ich habe verschiedene Formen ausprobiert: generelles Feedback im Plenum, schriftliches Feedback, Feedbackgespräche und Peer-Feedback. Generelles Feedback interessiert die Studierenden am wenigsten. Schriftliches Feedback und Feedbackgespräche sind sehr aufwändig für mich als Dozentin. Peer-Feedback funktioniert am besten, wenn die Studierenden im Studium weiter fortgeschritten sind. Erstsemestrige orientieren sich in der Regel noch viel mehr an den Dozierenden.

DigiLeB: Das hört sich nach einem gordischen Knoten an, den es aufzulösen gilt. Was hast du getan?

Kathrin: Die Studierenden legen – vor allem zu Beginn des Studiums – sehr viel Wert auf ein individuelles Feedback. Deshalb habe ich begonnen, mit dem individuellen Feedback zu experimentieren und es zu optimieren. Dabei dient ein Kriterienraster für die Beurteilung der Übungen für mich und für die Studierenden als wichtige Orientierungshilfe. Da die Rückmeldungen oft ähnlicher Natur sind, habe ich bei der Formulierung schriftlicher Feedbacks mit Textbausteinen gearbeitet.

DigiLeB: Vom schriftlichen Feedback hast du dann auf Sprachnachrichten gewechselt. Wie ist es dazu gekommen?

Kathrin: Während der Corona-Zeit, als die Arbeitslast allgemein angestiegen ist, hatte ich die Idee, individuelle Feedbacks als Sprachnachricht zu erstellen. Trotz vorgefertigten Textbausteinen geht es schneller. Ich habe es einfach ausprobiert.

DigiLeB: Wie haben die Studierenden auf die Sprachnachrichten reagiert?

Kathrin: Ich habe nur positive Rückmeldungen auf diese Form des Feedbacks erhalten. Es gab Studierende, die sich für das Feedback bei mir bedankt haben. Das war bisher noch nie der Fall gewesen! Eine umfassende Befragung auf diese Form des Feedbacks habe ich bei den Studierenden nicht gemacht. Aber die positiven Rückmeldungen haben mich motiviert, diese Form beizubehalten.

DigiLeB: Wie haben wir uns diese Form des Feedbacks ganz praktisch vorzustellen?

Kathrin: Ich habe die Arbeit der Studierenden auf dem Bildschirm und das Kriterienraster liegt bei mir auf dem Tisch. Dann nehme ich die Sprachnachricht auf. Sie dauert zwischen zwei bis vier Minuten. Ich speichere die Nachricht auf meinem PC ab und lade sie anschliessend in unser Learning Management System (LMS) ins Übungstool hoch. So arbeite ich sehr effizient.

DigiLeB: Beurteilungen von Studierenden zählen zu besonders schützenswerten Personendaten. Indem du die Sprachnachricht auf unser LMS (ILIAS PHBern) hochlädst, bist du auf der sicheren Seite. Hast du dir bezüglich Datenschutz Gedanken gemacht?

Kathrin: Ich habe für das Feedback schon immer unser LMS verwendet. Ob es schriftlich oder mündlich ist, spielt keine Rolle. Mit dem Übungstool von ILIAS haben die Studierenden und ich immer eine gute Übersicht darüber, wo wir im Arbeitsprozess stehen.

DigiLeB: Verwendest du für die Sprachnachricht eine bestimmte Struktur?

Kathrin: Ja. Zuerst begrüsse ich die Studentin oder den Studenten, bedanke mich für die Arbeit und sage dann etwas Wertschätzendes. Anschliessend gebe ich die Rückmeldung anhand des Kriterienrasters und erwähne zum Schluss, in welchen Punkten sie sich meines Erachtens weiterentwickeln könnten. Dann verabschiede ich mich.

DigiLeB: Beim asynchronen, schriftlichen Feedback steht meist der Inhaltsaspekt im Vordergrund. Beim synchronen, mündlichen Feedback spielt zusätzlich der Beziehungsaspekt hinein. Die asynchrone, mündliche Rückmeldung ist eine eigentümliche Mischform. Wie schätzt du das ein?

Kathrin: Wie ich eben erzählt habe, spreche ich die Studierenden individuell an. Dadurch entsteht so etwas wie eine persönliche Ebene. In Tat und Wahrheit spreche ich aber in einen Computer hinein. Bei 120 Studierenden weiss ich in der Regel nicht einmal, wer sie sind. Dennoch suggeriert die Sprachnachricht so etwas wie einen Beziehungsaspekt. Aufgrund der Reaktionen der Studierenden habe ich jedenfalls das Gefühl, dass ich mit den Sprachnachrichten nahbarer und greifbarer wirke.

DigiLeB: Siehst du auch kritische Punkte beim Feedback mit Sprachnachrichten?

Kathrin: Für mich stellt sich die Frage nach der Nachhaltigkeit des Feedbacks. Die Studierenden hören sich die Nachricht vermutlich nur einmal an. Das schriftliche Feedback holen sie vielleicht eher nochmals hervor und lesen wichtige Punkte nach. Ich stelle mir allgemein die Frage, wie oft die Studierenden auf ein Feedback zurückgreifen, wenn sie ähnliche Transferaufgaben erledigen müssen. Ich wünschte mir, dass mein Feedback die Studierenden im Sinne des constructive alignments begleitet.

DigiLeB: Wirst du deine Feedbacks auch in Zukunft weiterentwickeln?

Kathrin: Ich habe das Feedback mit Sprachnachricht über die Corona-Zeit hinweg beibehalten und wende es nun in Seminaren mit jeweils 30 Studierenden an. Wichtig erscheint mir, die Form des Feedbacks nach didaktischen Überlegungen zu wählen und zu gestalten. Meine bevorzugte Form zurzeit ist die Selbsteinschätzung der Studierenden, auf die ich dann wieder Bezug nehmen kann. Diese Form hat meines Erachtens eine enorme Qualitätssteigerung gebracht. Der nächste Schritt wird sein, dass die Studierenden die Beurteilungskriterien selbst definieren müssen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!


  • Das finde ich sehr spannend. Herzlichen Dank für diese Hinweise und die praktische Anleitung! Welches Tool verwendest du für die Aufnahme der Sprachnachrichten?

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