Digitalität

Digitalität ist eine vorläufige Bezeichnung für den Zustand einer nächsten Gesellschaft, in der sich auf Basis digitaler Medien neue Strukturen und eine neue Kultur in der Gesellschaft als Ganzes, in Organisationen wie Hochschulen und Schulen sowie in Interaktionen wie der Lehre und dem Unterricht herausgebildet haben werden.

Neue Struktur- und Kulturformen

Die systemtheoretische Kommunikations- und Medientheorie geht davon aus, dass das Aufkommen eines neuen Leitmediums völlig neue Möglichkeiten der Kommunikation in der Gesellschaft, in Organisationen und in Interaktionen eröffnet. Da die Strukturen und die Kultur dieser sozialen Systeme auf diese neuen Möglichkeiten nicht vorbereitet sind, bilden sich in einem soziokulturellen Evolutionsprozess neue Strukturen und eine neue Kultur heraus. Erstere sichern die neu entstehenden Erwartungen in der Gesellschaft, in Organisationen und in Interaktionen ab. Letztere rahmen die Erwartungen durch gemeinsam geteilte Werte.

Die Digital Learning Base (DigiLeB) orientiert sich an dieser theoretischen Perspektive, weil sie hilft, im Rahmen eines Digitalen Didaktischen Designs die strukturellen Veränderungen und deren Konsequenzen für die Lehr- und Lernkultur sowohl auf der Interaktionsebene von Lehre und Unterricht als auch auf der Organisationsebene von Hochschule und Schule zu berücksichtigen.

Strukturen und Strukturformen

Soziale Strukturen sind immer auch Erwartungsstrukturen in sachlicher, raum-zeitlicher und sozialer Hinsicht. Indem sie die Kommunikation in Hochschulen und Schulen dirigieren, schränken sie deren Möglichkeiten ein. So werden Lehrende und Lernende im Rahmen der didaktischen Kommunikation darüber informiert, wann und wo eine Lehrveranstaltung oder ein Unterricht stattfindet, was Thema und Inhalt sein werden und wie die Rollen unter den Anwesenden verteilt sind. Werden nun digitale Medien in der Lehre und im Unterricht eingesetzt, können sich Strukturen in allen drei Hinsichten verändern.

Jede Medienepoche ist durch eine dominante Strukturform gekennzeichnet. Die Funktion einer Strukturform ist es, die Erwartungsstrukturen nach einem einheitlichen Prinzip einzuschränken. Dies kann durch hierarchische, funktionale, netzwerkartige Formen und durch Mischformen geschehen. So können sich Hochschulen und Schulen sowie Lehre und Unterricht hierarchisch, funktional und netzwerkartig formieren.

Mit Blick auf Digitalität stellt sich die Frage, ob und wie sich Strukturen und Strukturform in der Gesellschaft, in Hochschulen und Schulen sowie in der Lehre und im Unterricht mit der Einführung des Leitmediums Computer umgestalten werden.

Kultur und Kulturformen

Kultur ist ein sozialer Mechanismus der vergleichenden Kontrolle. Hochschulen und Schulen beispielsweise vergleichen sich untereinander, wodurch die bestehende Ordnung und die Grundwerte zugleich als bedroht und als bewahrenswert erscheinen. Insofern schafft Kultur auch Unruhe und Sicherheit in Bezug auf pädagogische Grundwerte und didaktisches Selbstverständnis. Wenn die Einführung digitaler Medien neue didaktische Szenarien ermöglicht, die traditionelle Strukturen der Lehre und des Unterrichts aufbrechen, kann dies Konsequenzen für pädagogische Grundwerte und das didaktische Selbstverständnis haben. Konsequenzen in dem Sinne, dass sie vor dem Hintergrund der vergleichenden Kontrolle zum Gegenstand von Selbst- und Fremdreflexionen werden.

Jede Medienepoche ist durch eine dominante Kulturform gekennzeichnet. Die Funktion der Kulturform ist es, die Selbst- und Fremdreflexion vor dem Hintergrund einer Leitidee zu führen, die die gemeinsame Vorstellung des Zusammenlebens in der Gesellschaft prägt.

Mit Blick auf Digitalität stellt sich daher erneut die Frage, ob und wie sich Kulturen und Kulturform in der Gesellschaft, in Hochschulen und Schulen sowie in der Lehre und im Unterricht mit der Einführung des Leitmediums Computer umgestalten werden.

Quellen

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